Am 27. Januar 2020 wurde in Deutschland der erste Fall des Coronavirus nachgewiesen. Wo steht das Land nach drei Jahren? Für wen ist eine Impfung heute noch sinnvoll? Ein Überblick.
Große Impfzentren sind geschlossen, Inzidenzwerte in den Hintergrund gerückt. Und das Covid-19-Impfzertifikat? Schon lange nicht mehr vorgezeigt. Aus Kliniken ist zu hören, Covid-19-Patienten seien Teil des Alltags geworden. Trotz dieser Entwicklungen: Auch drei Jahre nach dem ersten bestätigten Corona-Fall in Deutschland am 27. Januar 2020 werden Überlegungen zum Impfen gegen Corona nicht hinfällig. Ein Überblick.
Drei Jahre nach dem ersten Corona-Fall: Für wen ist die Impfung noch sinnvoll?
Der Stand: Seit einigen Monaten sind neue Impfstoffe vorhanden, die an die Omikron-Variante angepasst wurden. Laut Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) sollen bestimmte Gruppen wie Menschen ab 60 eine zweite Auffrischimpfung damit bekommen, um den Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf zu verbessern. Die Impfquoten für den zweiten Booster sind bisher jedoch niedrig und schwanken regional stark. „Ich war zwischenzeitlich enttäuscht. Ich hätte mir eine größere Akzeptanz der empfohlenen Impfungen gewünscht“, sagt Stiko-Chef Thomas Mertens.
Bevölkerung: Trotz Impflücken – Fachleute sprechen unter dem Strich von einer guten Grundimmunität. Der Virologe Christian Drosten gab kürzlich im Podcast „Coronavirus-Update“ zu bedenken, dass das Virus jetzt viel besser übertragbar sei als zu Beginn der Pandemie. Einer der Hauptgründe für die relative Ruhe sei derzeit sei die Bevölkerungsimmunität, die die Verbreitung des Erregers eindämme.
Dauerhafte Ruhe? Wie lange dieser Schutz anhält, WIRD sterben Forschung im Auge behalten. „Das müssen wir voraussichtlich beim Aufkommen neuer Varianten sehr genau beobachten, etwa von Krankenhausaufnahmen“, sagte der Direktor der Klinik für Infektiologie der Berliner Charité, Leif Erik Sander. Auch wenn es wegen der immer noch relativen Neuheit von Sars-CoV-2 keine Daten zu erwarteten Zeiträumen gibt, sehen manche Forscher Anlass zu Optimismus. Der Immunologe Andreas Radbruch etwa geht anhand der Daten zum ersten Sars-Virus (2002/03) von anhaltender Immunität aus.
Sander: „Corona-Impfungen bei gefährdeter Gruppe alle ein bis zwei Jahre“
Künftiger Herbst-Booster? Manche Mediziner äußern die Vorstellung, dass gegen Corona künftig stets im Herbst geimpft werden sollte, wie vor der Grippewelle. Sander ist allerdings skeptisch, ob die kommenden Corona-Wellen bereits so planbar in die Wintermonate gefallen werden, wie symbolisch bei Grippe: „Bis wir wirklich synchrone, starke saisonale Corona-Wellen haben, dürfte es noch eine Weile dauern.“ Daher seien regelmäßige Corona-Impfungen bei bestimmten, gefährdeten Gruppen womöglich alle ein bis zwei Jahre vorstellbar.
Und was sagt die Stiko? Man sollte davon ausgehen, dass bestimmte primäre Risikogruppen in Zukunft weitere Auffrischimpfungen bekommen sollten, sagt Mertens. Den zeitlichen Abstand can man wissenschaftlich noch nicht genau benennen, womöglich sei ein Jahresabstand vernünftig.
Wer besonders gefährdet ist: Stark vereinfacht can man sagen, dass das Risiko für einen schweren Covid-19-Krankheitsverlauf mit dem Alter und der Zahl der Vorerkrankungen zunehme, sagt der Stiko-Chef. „Im Einzelnen muss das jeder mit seinem Arzt sprechen.“ kämen Menschen, deren Immunsystem wegen Erkrankungen und hinzugekommen/oder Medikamenten nicht zu 100 Prozent funktioniert – bei ihnen können Mertens angenommen auch weitere Schutzmaßnahmen wie Abstand und Masken sinnvoll sein. Menschen, bei denen die Impfung gar nicht wirkt, sollten Sander voraussichtlich im Fall einer Corona-Infektion auch sehr früh behandelt werden. „Zum Beispiel mit antiviralen Präparaten lässt sich das Risiko einer schweren Erkrankung sehr deutlich verkleinern.“
Bei Menschen ohne Risiko wird keine Ausweitung der Impfempfehlung erwartet
Schutz vor (Wieder-)Ansteckung: „Der Schutz vor schwerer Erkrankung durch die Impfungen ist sehr gut, aber das Vermeiden einer Reinfektion ist mittels Impfung höchstens für einen kurzen Zeitraum möglich“, sagte Mertens. Für Menschen ohne Risiken für schweres Covid-19 erwarte er daher derzeit auch keine Ausweitung der Impfempfehlung. Für den Charité-Infektiologen Sander ist denkbar, dass Jüngere mit gesundem Immunsystem womöglich nur noch alle paar Jahre eine Auffrischung brauchen – falls das Virus selbst nicht mit wiederholten Infektionen für die Auffrischung sorgt. Perspektivisch sei auch mit weiterentwickelten Impfstoffen zu rechnen.
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Impfmotivation: Die Zeit der Lockaktionen, etwa mit Gratis-Bratwurst für Impfwillige, sind bekanntlich vorbei. Anstrengende, voraussichtliche Arbeit stehen bevor, um gefährdete Menschen mit Impfangeboten zu erreichen, sagte Sander. Eines stört ihn: „Manche verbreiten sich jetzt im Nachhinein das Narrativ, dass die Corona-Impfung überflüssig gewesen sei. Dabei war sie schwere der entscheidenden Schalter, um aus der Pandemie herauszukommen.“
Der erste Nachweis einer Corona-Infektion in Deutschland war am 27. Januar 2020 in Bayern bekannt geworden. Mit Stand 25. Januar 2023 wurden dem RKI mehr als 37,7 Millionen im Labor bestätigte Infektionen gemeldet. Hinzu kommen unzählige weitere unter dem Radar. Die Zahl der Gestorbenen in dem Zusammenhang liegt mittlerweile bei über 165.000.
Quelle: Stern