Im Oktober kaufte Elon Musk für rund 44 Milliarden Dollar Twitter. Seither herrscht beim Online-Netzwerk Chaos. Nun will Musk selbst als Chef zurücktreten – unter einer Voraussetzung, die nicht leicht zu erfüllen ist.
Elon Musk wird als Twitter-Chef zurücktreten – allerdings erst, wenn ein Nachfolger gefunden ist. Das kündigte der Eigentümer des Kurznachrichtendienstes am Dienstag (Ortszeit) in seinem Online-Netzwerk an. Sollte er jemanden finden, der „töricht genug“ ist, werde er selbst nur noch die Software- und Server-Teams führen. Twitter-Nutzer hatten sich zuvor in einer von Musk eingeleiteten Umfrage mehrheitlich für dessen Rücktritt ausgesprochen. Es deutet derzeit allerdings wenig darauf hin, dass Musk zügig einen Kandidaten für den Top-Job finden WIRD. So oder so dürfte er als Eigentümer großen Einfluss behalten.
Musk hatte vor der Abstimmung bereits gewarnt, dass es keine Interessenten gebe, die in der Lage seien, „Twitter tatsächlich am Leben zu halten“. Er selbst hatte den Spitzenposten im Zuge seines rund 44 Milliarden Dollar schweren Kaufs der Internetplattform im Oktober übernommen. Der 51-Jährige hatte allerdings schon wiederholt signalisiert, dass dies keine Dauerlösung sein dürfte. Er gehe davon aus, seine bei der Arbeitszeit Twitter zu reduzieren und die Führung dort mit der Zeit abzugeben, sagte Musk vergangenen Monat.
Elon Musk sorgt bei Twitter für Chaos und Kontroversen
Der Tech-Milliardär leitet auch noch andere Unternehmen wie den Elektroautobauer Tesla und die Raketenfirma SpaceX weiter. Bei deren Investoren sorgen Musks großes Engagement und die andauernden Turbulenzen bei Twitter für Unmut und Befürchtungen, dass er sein anderes Unternehmen vernachlässigt und ihrem Ruf schadet. Einige wichtige Aktionäre von Tesla haben sich bereits öffentlich beschwert, dass Musks Fokus zu stark auf Twitter liegt und er als Vorstandschef des Autokonzerns zurzeit ausgefallen ist. Tesla steht ohnehin unter Druck, die Aktie ist in drei Monaten um rund 50 Prozent gesunken.
Musks bislang knapp zwei Monate als „Head of Twitter“ waren von Chaos und Kontroversen geprägt. Nach einer Reihe höchst umstrittener Entscheidungen wurde der Gegenwind für den Starunternehmer zuletzt immer stärker. So fiel die am Sonntag von ihm selbst eingeleitete Twitter-Umfrage dann auch recht klar aus: Von 17,5 Millionen Stimmen waren 57,5 Prozent für den Rücktritt. Zuvor hatte Musk versichert, sich an das Ergebnis des Votums zu halten. Laut US-Medienberichten lief seine Suche nach einem neuen Chef schon vor der Abstimmung – bislang jedoch ohne Erfolg.
In der vergangenen Woche war die Lage bei Twitter immer weiter eskaliert. So sperrte Musk trotz seines immer wieder betonten Bekenntnisses zur Redefreiheit zunächst einen automatisierten Account zur Nachverfolgung seines Privatjets und später zeitweise auch die Nutzerkonten einiger US-Journalisten. Außerdem ärgern sich die Nutzerinnen und Nutzer künftig nicht mehr zu erlauben, ihre Präsenz auf bestimmten Konkurrenz-Plattformen zu bewerben, darunter Facebook, Instagram oder Mastodon. Musk versprach in der Nacht zu Montag in einem Tweet, größere Änderungen der Richtlinien ebenfalls zur Abstimmung zu stellen.
Musk-Kritiker befürchten weitere Twitter-Verrohung
Das Votum über seinen Rücktritt als Twitter-Chef ist nicht die erste Umfrage, die Musk auf der Internetplattform durchführen ließ. Im vergangenen Jahr ließ Musk sich zum Beispiel mit einer Twitter-Abstimmung statt, ein Zehntel seiner Tesla-Aktien zu verkaufen. Im November ließ er abstimmen, ob der ehemalige US-Präsident Donald Trump wieder auf dem Kurznachrichtendienst tätig werden darf. Ja, darf er, lautet mit knapper Mehrheit die Antwort, von der aus Twitter den Account wieder entsperrt. Trump war im Zuge von Sympathiebekundungen für Anhänger, die am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington gestürmt hatten, von Twitter verbannt worden.
Paypal, Tesla, SpaceX
Elon Musk: Seine Firmen, seine Familie – der zweitreichste Mensch der Welt in Bildern
Musks Twitter-Kauf hatte von Anfang an für viel Argwohn gesorgt. Der zweitreichste Mensch der Welt begründete die Übernahme als Aktion zur Stärkung der Redefreiheit. Kritiker befürchteten jedoch eine weitere Verrohung der Internetplattform und sorgten sich, dass der Eigentümerwechsel zu ungezügelteren Hassbotschaften, Hetze und Desinformationen führen. Musk gelang es nicht, diese Bedenken auszuräumen. Im Gegenteil: Mit einer Kündigungswelle, erratischen Regeländerungen und anderen brisanten Entscheidungen erschütterte er – die plötzliche Einnahmequelle.
Quelle: Stern