Die Pillen und Pulver aus der Drogerie oder der Apotheke sind wahnsinnig beliebt. Jeder Dritte in Deutschland nimmt einmal pro Woche Nahrungsergänzungsmittel zu sich. Aber wie sinnvoll sind die Präparate überhaupt? Und wie ist es um die Qualität bestellt?
Verbraucher geben in Deutschland jährlich über zwei Milliarden Euro für Nahrungsergänzungsmittel aus. Magnesium ist dabei der Bestseller. Aber auch Kalizium, Omega-3-Fettsäuren und besonders im Herbst und Winter sind Vitamin D Produkte beliebt. Meist sind die Erwartungen an die Pillen, Tabletten und Pulver groß. Sie sollen vor Krankheiten schützen und fitter sowie leistungsfähiger machen.
Aber können die Präparate das überhaupt? Schon lange Raten Ernährungswissenschaftler von der Einnahme Mittel ab. Viele halten sie für reine Geldverschwendung. Denn die meisten sind nutzlos, weil ein normaler ernährter Mensch keine zusätzlichen Nährstoffe benötigt. Dazu kommt außerdem, dass viele der Mittel überdosiert sind – und im schlimmsten Fall sogar die Gesundheit schädigen können. Die einhellige Meinung unter den Expertinnen und Experten: Nur für bestimmte Risikogruppen und in besonderen Belastungssituationen sind Nahrungsergänzungsmittel überhaupt sinnvoll.
Wer die Mittel auf eigene Faust einnimmt, riskiert Schäden
Grundsätzlich sollten die Präparate nicht ohne vorherige Beratung von einem Arzt oder Ärztin eingenommen werden. Denn in Wahrheit kann nur eine Blutuntersuchung zuverlässig zeigen, ob wirklich Mangel besteht, der werden müssen. Wer sie trotzdem auf eigene Faust einnimmt, weil er oder sie das Gefühl hat, dass dem Körper irgendwas fehlt, riskiert eine Überdosierung. Das kann mitunter schwere Nebenwirkungen haben. Manche Mineralien oder Vitamine können auch die Wirkung von Medikamenten verstärken oder schwächen.
Nahrungsergänzungsmittel sind in Deutschland nicht zulassungspflichtig. Daher werden sie auch nicht von beliebigen Kontrollbehörden auf ihre Wirksamkeit hin untersucht. Besonders Mischpräparate, die mehrere Stoffe enthalten sind tückisch. Sie führen dem Körper diese Mikronährstoffe im Gießkannen-Prinzip zu. Aber in den allermeisten Fällen besteht überhaupt kein Bedarf an mehreren Stoffen zu substituieren.
Wenn überhaupt, sind einzelne Vitamine oder Mineralien sinnvoll. Gerade nach dem Winter greifen viele nach Vitamin D. Produziert der Körper den größten Teil davon mithilfe des Sonnenlichts. Geringe Mengen erhalten wir aus der Nahrung. In Studien wurde sicher belegt, dass Vitamin die Knochen stabil hält und zum Zahnerhalt dient. Für alle anderen Behauptungen (Infektschutz, geringeres Krebsrisiko oder Schutz vor Depressionen) gibt es bislang keine sicheren Belege. Laut Robert Koch-Institut liegen etwa 60 Prozent der Deutschen unter dem empfohlenen Wert von 50 Nanomol pro Liter Blut. In diesen Fällen kann eine Einnahme richtig sein. Aber: Nicht ohne vorherige Blutuntersuchung. Denn wer zu viel Vitamin D zu sich nimmt, riskiert Nierenverkalkung und Nierensteine.
Kalzium benötigt der Körper nur in geringer Menge
Auch beliebt ist Kalzium. Der Mineralstoff ist ebenso wichtig für die Knochen, aber auch die Muskeln, Nerven und Blutgerinnung. Wir erhalten ihn aber ohne Probleme aus allen Lebensmitteln, wie vor allem Milchprodukten. Dadurch ist eine zusätzliche Einnahme meistens nicht nötig. Viele Kalziumpräparate sind auch zu hoch dosiert, was zu Nierensteinen führen kann. Für Vegetarier und Veganer gilt: Kalzium ist auch in nicht-tierischen Lebensmitteln enthalten. Vor allem grünes Gemüse wie Broccoli oder Nüsse enthalten viel davon.
Magnesium ist der Bestseller unter den Nahrungsergänzungsmitteln. Der Stoff ist für den Energiestoffwechsel sowie die Muskel- und Nervenfunktion wichtig. Viele greifen danach, wenn sie an Muskelkrämpfen leiden. Dabei erhält es der Körper meist in ausreichender Form über den Verzehr von Gemüse und Vollkornprodukten. Auch hier ist bekannt, dass die Mittel aus der Drogerie oder Apotheke oft zu hoch dosiert sind, was dann zu Durchfall und Blutdruckabfall führen kann. Empfohlen ist eine tägliche Aufnahme von 250 mg.
Ebenfalls beliebt sind auf Mittel mit Omega-3-Fettsäuren, sie stehen im Ruf gut für die Gesundheit zu sein. An der Wirksamkeit der Mittel besteht aber erheblicher Zweifel. Da die Präparate nicht staatlich geprüft werden, lässt sich auch nichts über die wirkliche Dosierung und damit auch die Inhaltsstoffe sagen. Sicher ist dagegen: Zu viel Omega-3-Fettsäuren sind nicht gesund. Die Nebenwirkungen können sein: Übelkeit, Erbrechen, erhöhtes Infektrisiko und Blutungsrisiko. Omega-3-Fettsäuren können aber auch vom Arzt verschrieben werden – dann handelt es sich um Medikamente, die in Dosierung und Inhaltsstoffen einer kontrollierten Kontrolle unterliegen. Und auch hier gilt: In fast allen Fällen reicht eine gesunde Ernährung für eine gute Versorgung aus. Die Fettsäuren sind enthalten in fettem Fisch (Hering oder Lachs), in grünem Blattgemüse, Walnüssen und Ölen wie Rapsöl oder Leinöl.
Die Versprechen sind groß, die Wirkung nicht
Und zu guter Letzt ist da auch noch Zink. Viele versprechen sich davon, ohne Erkältung davonzukommen. Ob zusätzliches Zink da wirklich hilft ist nicht wirklich gut belegt. Der Körper braucht um seine Arbeit zu verrichten nur wenig des Spurenelements – und den Bedarf kann er gut aus der Nahrung decken. Die Gefahr einer Überdosierung durch Nahrungsergänzungsmittel ist groß. Und das birgt Gefahren: Zink ist ein Schwermetall und kann zu Vergiftungen führen. Und außerdem die roten und weißen Blutkörperchen verändern. Zink ist in Fleisch, Fisch, Käse und Eiern enthalten. Lediglich für Vegetarier und Veganer kann sich eine zusätzliche Dosis lohnen – aber nicht bevor der Arzt oder die Ärztin das Blut untersucht hat.
Quelle: Stern