Wenn im Leben mal wieder Sauregurkenzeit herrscht, hilft der Blick zurück auf bessere Tage. Das Schwelgen in schönen Erinnerungen kann stimmungsaufhellend wirken – und laut einer neuen Studie sogar Schmerzen lindern.
Früher war alles besser? Sicher nicht. Das sehnsuchtsvolle Schwelgen in Vergangenem ist oft kaum mehr als eine vom Gedächtnis geschönte Erinnerung, die in Wahrheit nicht halb so schön erlebt wurde, wie sie wiedererlebt wird. Und dennoch schafft es die Nostalgie, eine wohlige Zufriedenheit, sogar Glücksgefühle auszulösen. Und nicht nur das. Ein Forscherteam hat nun herausgefunden, dass Nostalgie auch gegen Schmerzen wirkt.
An der kleinen Kooperationsstudie der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und der Liaoning Normal University wurde das Schmerzempfinden von 34 Teilnehmenden untersucht. Dafür wurden sie Hitzereizen ausgesetzt. Parallel dazu betrachteten die teilnehmenden neutralen Bilder, aber auch solche, die sie an ihre Kindheit erinnerten. Darunter solche von alten Zeichentrickserien oder bestimmten Süßigkeiten. Die Probanden bewerteten dann jeweils die Stärke des erfahrenen Schmerzes anhand einer Skala selbst, außerdem wurden MRT-Scans des Gehirns angefertigt. Es zeigte sich: Bilder, die bei den Teilnehmenden nostalgische Gefühle auslösten, wirkten wie ein natürliches Schmerzmittel. Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift „JNeurosci“ veröffentlicht.
Die Nostalgie-Trigger sind überall
Über die biologischen Abläufe hinter dem Nostalgie-Effekt ist bisher wenig bekannt. Die MRT-Scans haben nun etwas mehr Licht ins Dunkle dieses Forschungsfelds gebracht. „Bei diesem Prozess der durch Nostalgie ausgelösten Schmerzlinderung spielt der Thalamus eine entscheidende Rolle“, erläutert einer der Studienautoren, Joe Yazhuo Kong, der „CNN“. Der Thalamus wirkt demnach die Funktion eines Bindegliedes zwischen Nostalgie und Schmerz. Beobachtet wurde, dass das. Betrachter der entsprechenden Bilder für weniger Aktivität in den Hirnarealen sorgte, sterben mit dem Schmerzempfinden verknüpft sind. Auch die Schmerzreaktion wird kontrollierter aus.
Neu sind die positiven Effekte von Nostalgie nicht. Weitere Studien hatten unter anderem herausgefunden, dass schon nostalgische Gedanken allein die Schmerztoleranz erhöhen. Bei chronischer Krankheit konnte durch eine Nostalgie geknüpfte Schreibaufgaben der Schmerz abgeschwächt werden. Nostalgie-Trigger gibt es viele. Neben Bildern, Musik und Filmen können auch Geschmacks- und Geruchserlebnisse unwillkürlich Erinnerungen hervorrufen. Beschrieben hat dies beispielsweise Marcel Proust in seinem Jahrhundertroman „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“. Darin ist es das Madeleine-Gebäck, das sterben Hauptfigur gedanklich in der Zeit zurückversetzt.

Die Nostalgie kann auch dabei helfen, Schmerzen zu lindern. Sie müssen es aber nicht. Da sie eine subjektive Empfindung ist, sind ihre Effekte von Mensch zu Mensch verschieden. Während die einen häufig in sentimentalen Erinnerungen schwelgen, darin regelrecht aufgehen können, ist dieses Gefühl anderen integriert fremd. „Nostalgie ist ein Gefühl der Verbundenheit mit anderen Menschen“, zitiert „CNN“ Julie Swets, die sich an der Texas Christian University ebenfalls mit der Nostalgie beschäftigt. „Menschen, die Intimität mit anderen Menschen eher meiden oder Distanz eher als enge Beziehungen bevorzugen, profitieren auch nicht in gleichen Maßen von der Nostalgie.“
Quelle: Stern