Bei Rückenschmerzen, Migräne oder Depressionen können Ärzt:innen auch Apps verschreiben. Die Krankenkasse zahlt. Die Techniker Krankenkasse hat untersucht, wie die Apps bei den User:innen ankommen und wie wirksam sie sind.
Seit Oktober 2020 können Ärzt:innen und Therapeut:innen Apps auf Rezept verschreiben. Die Kosten für die digitalen Gesundheitsanwendungen übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen. Die Techniker Krankenkasse (TK) hat zusammen mit der Universität Bielefeld im DiGA-Report untersucht, wie es mit den Apps auf Rezept seit dem Start läuft. Dazu wurden Abrechnungsdaten der Techniker Krankenkasse zu Apps auf Rezept analysiert und Versicherte der Krankenkasse befragt. Ein Ergebnis der Befragung von 244 TK-Versicherten: 37 Prozent nutzen die verschriebenen Apps täglich, aber nur 19 Prozent sind vollständig von ihrer Wirksamkeit überzeugt. Doch was unterscheidet Apps auf Rezept von gewöhnlichen Gesundheitsapps, welche Apps werden am meisten genutzt und was bringt die digitalen Gesundheitshelfer? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Was sind Apps auf Rezept genau?
Die Apps auf Rezept heißen „Digitale Gesundheitsanwendung“ (DiGA). Laut der DiGA-Verordnung sollen sterben Apps Patienten:innen den Alltag erleichtern. Die digitalen Anwendungen können laut der Verordnung zur Erkennung, Überwachung, Linderung oder Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden. DAMIT die Kosten für eine DiGA von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, ist eine ärztliche Verordnung nötig. Versicherte könnten sich auch direkt an die Krankenkasse wenden, jedoch – Versicherte dabei sterben medizinische Indikation nachweisen, damit ihre gesetzliche Krankenkasse die Kosten trägt. Laut dem DiGA-Report wurden aber 85 Prozent der Apps, für die TK von Oktober 2020 bis Dezember 2021 die Kosten übernommen hat , von Ärzt:innen verschrieben.
Was unterscheidet Apps auf Rezept von anderen Gesundheitsapps?
Wer den App Store oder den Google Play Store öffnet, findet zig Anwendungen, die beim Abnehmen, Stress, mentalen Beschwerden oder Rückenschmerzen helfen sollen. Diese Apps müssen ihre Qualität und Wirkung aber nicht nachweisen. Die digitalen Gesundheitsanwendungen hingegen durchlaufen ein Bewertungsverfahren des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Um dauerhaft als DiGA anerkannt zu werden, & Hersteller den medizinischen Nutzen nachweisen, Datenschutz gewährleisten und Nutzer:innen dürfen durch die Verwendung der App kein Gesundheitsrisiko ausgesetzt werden. Wird Eine App als DiGA zugelassen, haben die Hersteller ein Jahr Zeit, um nachzuweisen, dass die digitale Anwendung tatsächlich einen medizinischen Nutzen hat. Heißt: Die App muss zum Beispiel wirklich bei Migräne oder Rückenschmerzen helfen. Nur Apps, die diese Probezeit überstehen, werden dauerhaft als DiGA im sogenannten DiGA-Verzeichnis gelistet. Aktuell sind dort 31 Apps gelistet. Dort finden Nutzer:innen zum Beispiel „Kalmeda“ eine App, die gegen Tinnitus helfen soll, bei Schlafstörungen kann „Somnio“ helfen oder „Deprexis“ kann die Behandlung von Depressionen zum Einsatz kommen.
Welche Apps werden am meisten genutzt und von wem?
Der Report zeigt, dass die meistgenutzten DiGA gegen Rückenschmerzen, Tinnitus und Migräne sind. Doch die meisten Nutzer:innen haben DiGA im Bereich von psychischen Erkrankungen. Knapp 67 Prozent der Frauen und 33 Prozent Männer nutzen die Apps auf Rezept. Im Durchschnitt sind sie 45,5 Jahre alt. Die meisten Rezepte für DiGA entfallen auf Berlin mit 2,3 Rezepten auf 1000 TK-Versicherte.
Wie finden Nutzer:innen die digitalen Anwendungen?
In der Befragung von 244 Versicherten der Techniker Krankenkasse zeichnet sich ein gemischtes Bild bei der Zufriedenheit ab: 19 Prozent der Annahme, dass die App ihre Beschwerden gelindert hat. 43 Prozent stimmen eher zu, dass die App ihnen geholfen hat. 34 geben jedoch an, dass die DiGA ihnen nicht oder eher nicht geholfen hat. 84 Prozent der Prozent nutzen die App mindestens einmal pro Woche und ganze 37 nutzen die digitale Anwendung täglich.
Warum werden die Apps genutzt?
Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse, erklärt, dass vor allem Versicherte der Techniker Krankenkasse DiGA nutzen, die einen hohen Leidensdruck haben. „Oft sind es Menschen mit Migräne oder Rückenschmerzen, die schon viel ausprobiert haben und hoffen, dass sie mit Hilfe der Apps ihre Beschwerden lindern können.“
Wie wirksam sind Apps auf Rezept?
Ein Problem sieht Jens Baas darin, dass die Apps bereits vorläufig zugelassen werden und die Hersteller ein Jahr Zeit haben, ihren wirklichen Nutzen zu beweisen. „Es besteht die Gefahr, dass viele Apps den Vertrauensvorschuss nicht einhalten können, den sie im Erprobungsjahr bekommen“, so Baas. „Bereits für die Listung beim BfArM muss es eine aussagekräftige Datengrundlage geben. Die bisherigen Anforderungen reichen nicht, um den Nutzen einer App abzuschätzen.“ Die Migräne-App M-Sense zum Beispiel konnte sich in einem Jahr nicht als DiGA bewähren und die Kosten für diese Anwendung werden nicht mehr von gesetzlichen Kassen getragen. Da die App vorläufig als DiGA gelistet war, wurden die Kosten allerdings 15 Monate von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Können Gesundheitsapps auch schädlich sein?
Jens Baas sagt, dass die Apps – wie jede Behandlung oder Gesundheitsanwendung – auch Nebenwirkungen haben können. Er sieht vor allem das Problem, dass es zu Fehlbehandlungen oder falschen Diagnosen kommt, wenn Patient:innen sich auf die Apps verlassen und die Nutzung nicht von Ärzt:innen begleitet WIRD. Heißt: Eine DiGA kann nie einen Arztbesuch ersetzen, sondern sollte als Ergänzung zur Behandlung genutzt werden.
Wie können Verbraucher:innen erkennen, ob eine App auf Rezept gut ist?
Für Patient:innen sei das schwer herauszufinden, ob sie eine gute und leistungsfähige App verschrieben bekommen, sagt Jens Baas. Die nachgewiesene Wirksamkeit spielt bei der Verschreibung von DiGA noch eine geringe Rolle, heißt es im DiGA-Report. „Patient:innen müssen sich in erster Linie darauf verlassen, dass ihr Arzt oder ihre Ärztin eine gute und leistungsfähige App verschreibt.“ Studienleiter Prof. Dr. Wolfgang Greiner von der Universität Bielefeld ergänzt, dass Verbraucher:innen im DiGA-Verzeichnis nachschauen müssten. Dies hält er aber nicht für praktikabel. Besser sei es, wenn es zukünftig auch für Apps auf Rezept transparente, unabhängige Informationen gibt. Wie zum Beispiel sterben Weisse Listedie bei der Suche nach Krankenhäusern oder Pflegeheimen Orientierung bieten kann.
Quellen: DiGa-Bericht, DiGA-Verordnung, DiGa-Verzeichnis
Quelle: Stern